Gruppenanalyse

Was ist das?

Gruppenanalytisches Institut in Heidelberg, Märzgasse
Gruppenanalytisches Institut in Heidelberg, Märzgasse

Gruppenanalyse (nach S.H. Foulkes)

 

In den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelte der in Deutschland geborene Siegmund Foulkes  als jüdischer Emigrant im Exil in England die Gruppenanalyse. Er war einer der ersten Psychoanalytiker, der ein in sich schlüssiges Modell für die analytische Arbeit mit Gruppen konzipierte, in dem psychoanalytische, soziologische und gestaltpsychologische Betrachtungsweisen integriert wurden.

 

Im Prozess der Gruppenanalyse erlebt sich der Einzelne im Beziehungsgeflecht der Gruppe, das sich vor dem Hintergrund der lebensgeschichtlichen Erfahrungen der Beteiligten  entfaltet. Unbewusst neigt der Einzelne dazu, in der Gruppe gewohnte Beziehungsmuster zu wiederholen. Ziel gruppenanalytischer Selbsterfahrung und Psychotherapie ist es, diese Prozesse dem Erleben zugänglich zu machen und in die Persönlichkeit zu integrieren. Die damit einhergehende Erweiterung der Kommunikationsfähigkeit eröffnet neue Erfahrungs- und Handlungsmöglichkeiten.

 

Analog zur freien Assoziation in der Psychoanalyse erfolgt in der Gruppenanalyse die Kommunikation in freier Gruppendiskussion. Die Leitung verfolgt in gleichschwebender Aufmerksamkeit das Gruppengeschehen. Sie interveniert  zurückhaltend und gut überlegt.

 

Das Setting ist klar und eindeutig. Es gibt schriftliche Vereinbarungen, die für alle Gruppenteilnehmenden verbindlich sind. Sie betreffen zum Beispiel die Schweigepflicht, die Bezahlungsregelung (auch bei Urlaub und Krankheit), das Aufhören, etc..

 

In der Gruppenanalyse gibt es noch andere Richtungen und Vertreter. Einer der berühmtesten ist wohl der Amerikaner Irvin Yalom, der nicht nur ein wichtiges Standardwerk zur gruppenanalytischen Gruppentherapie verfasste, sondern auch Romane, die sie literarisch beschreiben. Die Gruppenanalyse findet heute Anwendung in der Selbsterfahrung und Gruppentherapie, in themenzentrierter Gruppenarbeit, in Supervision und Organisationsberatung, aber auch im Bereich von Bildung, Kultur und der Gesellschaftsanalyse. Die in der Frankfurter Schule der 30iger Jahre des letzten Jahrhunderts verwurzelte Gruppenanalyse verstand sich immer auch politisch. So gaben internationale gruppenanalytische Kongresse und Begegnungen in den letzten Jahrzehnten wichtige Impulse zur Aufarbeitung des 2. Weltkriegs, insbesondere des Holocaust. Heute stehen oft Fragen der Interkulturalität im Vordergrund.